Gewerbegebiet kontra Blühwiese
Ich begrüße die Einrichtung des neuen Portals der Stadtverwaltung Ilmenau mitmachen.ilmenau.de und nutze die Gelegenheit für folgendes Problem:
Gewerbegebiet kontra Blühwiese
Im Amtsblatt des Ilm-Kreises Nr. 1 /2022, Seite 19 bedankt sich der Vorstand des NABU bei den Bürgern, die im vergangenen Jahr in ihren Gärten Blühstreifen angelegt haben, damit die in Not geratenen Insekten Futter finden und sich vermehren. Auch ich hatte mich dieser Aktion angeschlossen und auch meine Enkelkinder dafür begeistert. Insekten sind immens wichtig im Kreislauf der Natur; sie bestäuben Blüten, damit sich Früchte bilden können, sie sind Nahrungsgrundlage der Vögel und Kleinsäuger, eine Blumenwiese ist wohltuend für den ach so gestressten Menschen. Diese Argumentation überzeugte sie.
Im Amtsblatt der Stadt Ilmenau, Nr. 1/2022 musste ich zu meinem Entsetzen lesen, dass Planungen laufen, aus der großen Blühwiese zwischen Ortsausgang Gehren und dem Seerosenteich das Gewerbegebiet „Gehren Ost“ zu entwickeln! Was für ein Schlag in die Magengrube der Naturschützer!
Nochmal zur Erinnerung: Schon 2011 stand diese Wiese im Fokus von Planungsbüros. Im Widerspruch des NABU hieß es damals u.a. „Es ist nicht akzeptabel, in unmittelbarer Nachbarschaft eines NSG und eines FFH Gebietes ein Gewerbegebiet anzulegen. Diese 2006 unter Schutz gestellten Zonen Pennewitzer Teiche, Wohlrosetal, Esbachwald mit dem Seerosenteich, führen kein Inseldasein. Sie sind angewiesen auf ein intaktes naturnahes und unbebautes Umfeld. Die Schutzgebiete leben aus diesem heraus und in diese Flächen hinein.“ An dieser Argumentation hat sich nichts geändert.
Meine Frage: Wie soll ich meinen Enkeln beibringen, verantwortungsbewusst, sorgsam und zukunftsorientiert mit unserer Umwelt umzugehen, wenn von Behörden wichtige Kriterien des Naturschutzes in frevlerischer Weise missachtet werden?
Der Nachhaltigkeitsbeirat des Landes Thüringen regte in einer Verlautbarung (FW 30.3.2011) an, den Verbrauch an landwirtschaftlicher Nutzfläche radikal zu reduzieren, bestehende Brachflächen zu nutzen oder durch Renaturierung der Natur zurückzugeben. Auch dieses vernünftige Vorhaben findet höchst selten den Weg in die Bauämter. Immer mehr Muttererde wird zu Wällen aufgetürmt und so der Nutzung durch die Landwirte entzogen.
Ein Vorrat an Gewerbeflächen in der Stadt Ilmenau und den Ortsteilen Langewiesen und Gehren ist vorhanden. Dazu kommen diverse Abrissflächen innerhalb Gehrens, die auf eine sinnvolle Nutzung warten. Auch die riesige Industriebrache des NPI sollte den Stadtplanern Ansporn sein für eine Nachnutzung. Viele Ideen dazu gibt es, eine Bürgerbefragung wäre gut. Aber natürlich ist es einfacher eine Wiese unter Beton zu legen.
Es gibt aber auch erfreuliche Nachrichten in der Zeitung. Am 14. Februar 2022 soll in einer Sitzung des Ortsteilrates zusammen mit Herrn Geiß noch einmal über das Gehrener Stadtentwicklungskonzept als OT von Ilmenau geredet werden. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Ist mir da eine Einwohnerversammlung zu diesem Thema entgangen? Dann sollte sie schnell nachgeholt werden. Der große ungenutzte Saal des Stadthauses böte dazu ausreichend Platz, auch unter Corona – Bedingungen. Ein Entwicklungskonzept hat für die Zukunft eines Ortes große Bedeutung und sollte nicht nur in einer internen Sitzung des Ortsteilrates im Parkkaffe Ilmenau erörtert werden. Gehren hat genug mündige Bürger, die ihre Ideen zur Ortsgestaltung sehr gerne einbringen würden. Etwas mehr als eine halbe Stunde ihrer kostbaren Zeit sollten die Ortsteilräte allerdings schon mitbringen müssen, (TA 25.1.2022).
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Kommentare
am 17. Feb. 2022
um 11:52 Uhr
Antwort zu Ihrer Anfrage
Sehr geehrte Nutzerin,
zu Ihrer über unsere Beteiligungsplattform eingereichte Anfrage „Gewerbegebiet kontra Blühwiese“ können wir Ihnen folgende Auskünfte geben.
Erläuterungen zur Erweiterung des Gewerbegebiets „Gehren Ost“
Der Ilmenauer Bauausschuss hat in seiner 28. Sitzung am 22.11.2021 dem Umlegungsverfahren im Gewerbegebiet Gehren Ost zugestimmt. Die Umlegung dienst dem Erwerb von Grundstücken, damit diese als Gewerbeflächen angeboten werden können. Diese Flächen gehören bislang nicht der Stadt Ilmenau.
Für die geplante Erweiterung des Gewerbegebiets „Gehren Ost“ gibt es bereits seit dem Jahr 2012 einen rechtskräftigen Bebauungsplan, den die damalige Stadt Gehren aufgestellt und beschlossen hatte. Die Stadt Ilmenau ist in der Pflicht, die Umsetzung fortzuführen. Da damals bestehende Gewerbegebiet war ausgelastet und es gab eine Interessensbekundung eines damals in der Stadt Gehren ansässigen Unternehmens, das Gebiet zu erweitern, weil Bedarf nach einer weiteren, zusammenhängenden Baufläche bestand.
Zur Erweiterung wurde der rund 19 Hektar große Bereich links der Landstraße, aus Richtung Gräfinau-Angstedt kommend herangezogen. Hier spielte die direkte Anbindung an die damals avisierte Ortsumgehung für die B 88 eine Rolle. Die für die Anbindung frei gehaltene Fläche soll über ein Änderungsverfahren aus dem B-Plan für das Gewerbegebiet genutzt werden. Die Nachfrage von Gewerbetreibenden nach weiteren Flächen ist aktuell groß.
Aufgabe des Umlegungsausschusses ist nun ein Umlegungsverfahren durchzuführen, dass den Flächenerwerb ermöglicht. Danach würde ein Stadtratsbeschluss folgen. Mit dem Erwerb sollen auch mittelfristig zweckfremde Nutzungen, wie langjährig laufende landwirtschaftliche Pachtverträge oder Verkäufe an Spekulanten ausgeschlossen werden.
Erläuterungen zum „Gemeindeentwicklungskonzept ISEK“
Zurzeit wird das Integrierte Stadtentwicklungskonzept der Stadt Ilmenau - für die Gesamtstadt - fortgeschrieben. Es stellt die Richtlinien und den Orientierungsrahmen der weiteren Stadtentwicklung dar. Es wird für jeden Ortsteil einen Ortsteilsteckbrief geben. In der Ortsteilratssitzung, im öffentlichen Teil, wird dieser Ortsteilsteckbrief beraten. Anregungen und Hinweise können diskutiert werden. In den Ortsteilen Unterpörlitz, Stützerbach, Frauenwald, Pennewitz und Gräfinau-Angstedt wurden die Ortsteilsteckbriefe bereits in den Ortsteilratssitzungen beraten. Bereits seit Ende Oktober 2021 ist eine Entwurfsstand zur Fortschreibung des ISEK auf der Internetseite der Stadt einsehbar. Hinweise und Anregungen können dazu gegeben werden. Zielsetzung ist es, die Fortschreibung des ISEKs im Juni 2022 im Stadtrat beschließen zu lassen.
Darüber hinaus können wir Ihnen versichern, dass sich die Stadtverwaltung der Erhaltung und dem Schutz der Natur sowie der Artenvielfalt verpflichtet sieht. Dies zeigt auch unsere Teilnahme am Labeling-Verfahren „Stadtgrün naturnah“, zu dessen erfolgreicher Zertifizierung wir viele Maßnahmen durchgeführt haben (www.stadtgruen-naturnah.de/teilnehmende/ilmenau). Bei der Erstellung sämtlicher Flächennutzungs- und Bebauungspläne besteht die rechtliche Verpflichtung Umweltbelange zu berücksichtigen sowie bei Eingriffen in die Natur entsprechende Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. Diesen Anforderungen ist die Stadt Ilmenau stets vollumfänglich nachgekommen.
am 07. Jun. 2022
um 05:27 Uhr
Freie Gewerbeflächen sind ausreichend vorhanden
Man fragt sich, wozu noch ein Gewerbegebiet, wenn nicht nur in Gehren Brachflächen sind, die dazu genutzt werden können, sondern bspw. auch in Ilmenau Kernstadt; z.B. oberhalb des Vogelherd, die ehemalige Porzellanfabrik am Eichicht.
Zudem ist ja auch eine größere Gewerbefläche zwischen Hirtenbuschteichen und der Stat-Tankstelle in Vorbereitung.
Man sollte doch wirklich erstmal die bereits zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausnutzen, ehe man überlebenswichtige Natur vernichtet, um noch eine - zwar bezuschußte aber nur minimal besetzte versiegelte - Gewerbefläche anzulegen.